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Meditations-Werkstatt
 


Reden ist Silber, Schweigen ist Gold - 
Stille ist ein Diamant

Der Urzustand
In der alten Geschichte vom Paradies steht nichts davon, dass irgendein Wort gesprochen wurde. Adam und Eva verstanden sich ohne Worte. Erst, als ein äußerer Reiz ins Spiel kommt, gerät die Unbefangenheit ins Wanken. Das Essen einer Frucht verspricht aus dem Dämmerschlaf der Naivität herauszukommen und ein Leben in seiner Ganzheit zu entdecken. Mit allen Konsequenzen, die daraus folgen. Es führt zur ersten Entscheidung der Menschheit. Eva trifft sie. Und so berichtet die Bibel weiter, dass Eva auch ihrem Mann von der Frucht zu essen gab. Und dann wurden ihnen die Augen aufgetan. Und vielleicht auch die Ohren?  Die Wahrnehmung war geboren und damit das Erkennen dessen, was ist. Ohne das Hören wissen wir nicht, was Reden, Schweigen und Stille bedeutet. Was dann folgt, ist das Reden, das Eintauchen in die Welt der Worte. Und Gott redete mit Eva, die Schlange mit Eva und Eva mit ihrem Mann. Reden ist wichtig, um Dinge zu entwirren, einzuwirken, sich mitzuteilen. Aber es ist die zweite Wahl.


Die Suche nach der Stille


Ab diesem Zeitpunkt scheinen wir Menschen diesen paradiesischen und goldenen Zustand in Vollkommenheit und Stille zu suchen. Nach dem unbefangenen, naiven, nackten und friedvollen Zustand in unserer ganzen Würde , in dem wir nichts leisten, funktionieren oder etwas darstellen müssen. Ein absolutes Angenommensein in dem, wie wir geschaffen wurden. Und uns wortlos verstehen. Ab diesem Zeitpunkt ist Schweigen nichts Selbstverständliches, sondern ein aktiver Vorgang, der den nötigen Raum und die nötige Zeit für die Stille schaffen kann. Im Laufe der Zeit ist zum Reden viel dazugekommen. Eine Welt der vielen Worte ist entstanden, die verwirren, abstrahieren, manipulieren, werben, ringen. Was ist wahr, echt? Was will dich in eine bestimmte Richtung lenken? In Zeiten von Fake News und Wortschwall-Tiraden bekommen wir mächtig was auf die Ohren. Es wird viel Blech geredet. Und es türmt sich an manchen Tagen ein echter Berg an Gehörtem in mir auf. An Hintergrundgeräuschen, an Lärm, an Gerede.  Der dänische Philosoph und Theologe Sören Kierkegaard suchte Ruhe in seinem Leben, um sich den wichtigen Dingen zuzuwenden. („…….was findet willigere Aufnahme als das Geschwätz?! O, schaffet Schweigen!“). Was kannst Du nicht mehr hören, stößt bei dir auf taube Ohren? Weils nervt. Lärm und Unruhe deckeln alles zu und führen davon weg, sich seine Wesenshaftigkeit bewusst zu machen. Umso mehr sehnen sich immer mehr Menschen nach dem goldenen Zustand ohne Worte, der uns zum Sinn und zu uns selbst führen kann.


 







„Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“
Ist das alte Sprichwort noch aktuell?


In einer wortlastigen Welt scheinen die Worte ihren Sinn verloren zu haben. Sie sind verbraucht. Nutzlos. In endlosen Schleifen werden Worte produziert. Geplärre, Gelaber. Mit ihnen wird geworben, manipuliert, verletzt, überinformiert, zerstört, niedergemacht. Sie pflegen das Ego, mit ihnen lässt es sich ins rechte Licht rücken. Sie schaffen Macht über andere. Sie erheben sich, sie umgarnen, sie täuschen. In Büchern, in Reden, in Sozialen Medien, im direkten Miteinander.
Und wirken oftmals nicht kongruent mit dem, aus dessen Mund sie kommen. 2 bis 200 mal soll der Mensch angeblich am Tag lügen.
Wir leben in einer Zeit der Wort-Inflation, in der Wort-Müll geschaffen wird und keine Aussicht auf Entsorgung besteht.
In dem vielen Reden in der Wort-Welt wirkt es wie Schrott, nicht wie Silber.
Es gibt so viele Worte. Sprüche, die so klug und weise wirken. Sie zaubern manchmal ein Lächeln über unsere Lippen, lassen uns lauthals lachen, regen zum Nachdenken an. Sie drücken aus: „Du bist wichtig, ich schätze dich wert.“ Worte – sie vertreiben die Zeit. Sie informieren, sie lassen uns verständigen. Von A nach B. Und umgekehrt. Gedanken, Gefühle, Absprachen, Ideen, Wünsche und Träume. Und wir wählen bewusst aus, was B erfahren darf.
Doch bei B kommt nicht immer das an, was A meinte.
Und auch Nicht-Reden hat seine Tücken. Schweigen, es kann bestrafen. Es kann zerstörerisch auf Beziehungen wirken. Es kann verletzten, wenn mein Gegenüber nach Worten sucht. Im Schweigen den anderen im Regen stehen lassen. Schweigen kann wie ein scharfes Schwert sein. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Damit Reden und Schweigen wieder mit Edel-Metallen verglichen werden können, braucht es Stille.
Einfach mal die Klappe halten. Das ist der Anfang. Wort-Fasten. Stille – ohne Worte. Sie verhilft uns, den nötigen Schritt zurückzutreten. Inne zu halten. Stille – sie braucht Zeit. Bis etwas aus der Versenkung in mir hochsteigen kann. Hin zum richtigen Wort. Zu rechter Zeit. Die Worte nach dem Schweigen sind andere als ohne es.
In der Stille fließen oft die vielen Worte vorbei. Auch in der Stille sind sie da. Aber sie bleiben nicht mehr stecken. Stille ist eine Wort-Reinigung. Eine Klär-Anlage für den Wort-Unrat.
Stille allein führt nicht zu Veränderungen. Schweigen und Stille können auch Wort-Vermeidungen sein. Doch in dem Stille-Sein lassen wir los. Befreien uns ein Stück von dem Überbordenden der Wort-Welt. Es ist die Stille, die uns eine Chance zur Veränderung gibt. Damit aus Reden wieder Silber und aus Schweigen Gold wird.
Doch letztlich ist es unser Tun, unser Handeln, mit dem wir die Welt wirklich verändern. Die Stille gibt uns die Kraft dazu.

Die andere Seite der Stille


Es ist nicht alles Gold, was glänzt: Schweigen kann auch ein Ver-Schweigen bedeuten. Das Schweigen setze ich hier mit dem Nicht-Reden gleich. Vielleicht kennst Du das auch, dass Stille verdammt laut sein kann? Wenn es in dir tobt, deine Gedanken wie im Hamsterrad sich umherdrehen? Wenn irgendwie der Propf auf allem sitzt. Wenn es sich manchmal irgendwie wie eine Hör-Verschmutzung anfühlt? Ich kann mir vorstellen, dass es in Jesus ziemlich laut gewesen ist, als er in die Wüste gegangen ist und sich den dunklen Schatten ausgesetzt hat. Totales Schweigen, innere Stimmen. Der Versucher flüstert einem die tollsten Sachen ins Ohr. Nach langem Schweigen hört Jesus auf seine innere Stimme, auf seine Seele. Menschen bekommen im Schweigen/ im Nicht-Reden sogar eine Kontrolle über unausgesprochene Dinge, die unlängst im Raum stehen. Unerfahrenheit in der Verbalisierung dieser Dinge, Macht und Schuldgefühle (die sich gegen sich selbst und im Zuweisen der Schuld anderen gegenüber richten) verhindern Reden. Und zudem verhindern sie ein Schweigen, welches zur Stille führen kann. Kennst du das ungute Schweigen? Das manchmal lauter sein kann als das Reden selbst? Was hörst du, wenn du hörst? Hörst du das Auto , das vorbeifährt oder den Vogel, der im Hintergrund trällert? Hörst du, dass ein geliebter Mensch stets das gleiche sagt, oder hörst du das Wohlwollen , was dahinter steckt? Was hörst Du im Vordergrund und was dahinter?


Die Kraft der Stille
Unsere Ohren können auf das Innigste mit unserer Seele verbunden sein, sodass wir nicht nur den Laut vernehmen, sondern zugleich auch zwischen den Tönen hören. Stille kann zur Innenschau werden, wenn alle vorgelagerten Stimmen abgelegt und wir zur Seele hindurchdringen. Schweigen bedeutet ein „Weniger“. Nicht im Erfüllen der Bedürfnisse liegt der Sinn des Lebens, sondern im Schaffen eines von Bedürfnissen freien Raumes. Stell dir vor, du lauschst und schaltest alle anderen Sinne für Momente aus. Du schweigst, siehst nichts und konzentrierst dich allein auf das Hören. Du atmest ein, und atmest aus. Und legst nach und nach alles Gehörte ab. Du kannst ein Hör-Buch anlegen, oder es in Gedanken unter einen „Neuen Ordner“ ablegen. Es ist schon viel, wenn du nur das wiedergibst, was du gehört hast, was geredet wurde. Aus dem Schweigen kann eine Stille werden, eine Reinigung, eine Klärung. Stille ist nicht die totale Geräuscharmut um dich herum, es ist ein Weg hin zu Deiner Seele, dem inneren Kern Deiner selbst. In den Urzustand des Paradieses, in dem du verstanden wirst und verstehst. Um zum Göttlichen in dir selbst zu kommen. Eine Kraftquelle. Kostbar wie ein Diamant.
Zeit.